Ideen eines Ubuntu Fans zur deutschen Community

Patrick Frank ptrckfrnk9 at googlemail.com
Mi Mär 3 00:57:56 GMT 2010


Mein Name ist Patrick Frank, ich bin 34 Jahre alt und zähle mich zu
den Ubuntu Fans die aus gesundheitlichen Gründen keiner
Erwerbstätigkeit nachgehen können.

Ich mache deshalb im Verlauf dieses Textes kein Geheimnis aus meiner
psychischen Erkrankung, weil das innerhalb der Debian Community und
diversen Chats bereits eine Rolle gespielt hat. Und ich möchte mit
offenen Karten für eine Idee werben, die möglicherweise grober Unfug
ist. Oder sie wird bereits ohne mein Wissen von anderen Projekten
abgedeckt. Sie könnte allerdings auch zu einem sozialen Engagement
anwachsen, falls sich genügend Interessierte finden. In dem Fall
könnten wir dann gemeinsam versuchen, etwas aus diesem sozialen
Experiment "sfsoc" zu bauen. Und das könnte dann bei erreichen eines
gewissen Reifestadiums in andere Projekte zurück fliessen. Es soll
also ganz bewusst nichts Bestehendes ersetzt oder zerstört werden,
obwohl das zunächst vielleicht so klingt.

Bei den Nutzern die sich durch mich gestört fühlen möchte ich mich
bereits jetzt herzlich entschuldigen. Ich folge dem Rat von einem
Ubuntu Entwickler und breite mein ungewöhnliches Anliegen hier einfach
mal aus, mit der Bitte an alle, sich sachlich an einer Diskussion zu
beteiligen.

Ich suche im Prinzip auch keine Selbsthilfegruppe für psychisch Kranke
noch will ich aus der Ubuntu Community eine machen, obwohl das
zunächst vielleicht so klingt.

Damit möglichst viele Leute im Internet die Kommunikation bekommen die
sie wollen, braucht es meiner Meinung nach zusätzlich zur Informatik
ein bischen Psychologie und Soziologie. Denn nur dann haben Gruppen
auch die nötige Stabilität. In bestehende Gruppen ist es notwendig,
dass die Leute immer wieder über sich nachdenken, ob man neue Leute
noch freundlich genug behandelt, ob man noch offen genug ist für
Dinge, die einem vielleicht nicht so in den Kram passen, etc.

Vielleicht klingt das zunächst nach einem lächerlichen Weltverbesserer
oder ich werde gar als Troll empfunden. In dem Fall bitte ich die
entsprechenden Leute mich einfach zu ignorieren. Denn ich habe mir
lange Gedanken gemacht, bevor ich diesen Text an die Liste hier
geschickt habe.

Wir alle sollten uns immer wieder prüfend fragen, ob wir neue Leute
noch freundlich genug behandeln. Natürlich auch ich selbst. Denn wenn
man mit Freunden eine gewisse Zeit in einer Gruppe verbringt, dann
verschiebt sich automatisch die grundsätzliche Offenheit und
Freundlichkeit in Richtung Abschottung der Gruppe. Immer mehr Leute
wollen die Gruppe vor sogenannten Trollen schützen. Und mit der Zeit
entdecken einzelne immer häufiger Anzeichen für Trolle, bis irgendwann
jeder Neuling unter Verdacht gerät. Und mit der Zeit finden sich immer
mehr Freunde die bereit sind, die Gruppe durch unsoziales Verhalten
gegenüber Neulingen zu beschützen. Es entstehen Regeln die
hauptsächlich denen nützlich sind, die bereits Teil der Gruppe sind.
Oft verhalten sich Neulinge durch die Art wie sie behandelt werden
dann tatsächlich so, als wollten sie Ärger machen. Und das gesamte
Konzept bestätigt sich selbst, es entwickelt sich weiter in diese
Richtung und bald gibt es nur noch Trolle und Moderatoren.

Wer längere Zeit im IRC unterwegs ist wird jetzt spontan behaupten,
das wäre nunmal so üblich und das war schon immer so. Und vor allem
glauben viele, dass man daran garnichts ändern kann.

Die Zwiebel am Haken ist jedoch, dass jeder Neuling sowohl ein
potentieller Troll als auch ein potentieller Freund ist. Und es liegt
am Gastgeber, wie er seine Gäste empfängt und nicht am Gast, sich
zunächst über irgendwelche Regeln zu informieren, zu wissen was
ausgerechnet in einem Ubuntu Chat unerwünscht ist. So halte ich z.B.
die Geschichte mit den "smart questions" und den Metafragen für
äusserst unfreundlich gegenüber jemandem, der im Moment vielleicht den
Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht und Orientierung braucht. Oder
jemand mit einer Behinderung kommt in den Chat und fragt höflich, ob
jemand bereit ist ihm zu helfen. Oder jemand ärgert sich weil etwas
nicht funktioniert wie erwartet und bräuchte etwas Zuspruch.

Für Neulinge und Gäste müsste das ankommen in einer Gruppe so einfach
wie möglich gemacht werden. Denn abhängig davon ergibt sich für
Ubuntu, ob jemand Lust hat was zur Gruppe beizutragen, oder ob er sich
früher oder später dazu gedrängt fühlt, die Gruppe als negativ zu
empfinden und gegen sie zu handeln.

Meiner Meinung nach gibt es keine Trolle. Trolle werden von
frustrierten Stammchattern gemacht.

Es gibt sehr wohl Menschen die verärgert oder agressiv sind. Und es
gibt leider auch ein paar Leute die sich sogar destruktiv verhalten.
Aber Mobbingstrategien und gut funktionierende Waffen sind keine
Lösung des Problems, im Gegenteil. Jeder weiss doch im Prinzip, was
eine Spirale der Eskalation für alle Beteiligten bedeutet. Und genau
deshalb braucht es so Spinner wie mich eigentlich garnicht, die in
langen Texten davon schreiben, wie soziale Gewalt im Internet immer
mehr zum Problem wird. Wir wissen das doch alle.

Man müsste ein Stück Psychologie und Soziologie ins Launchpad holen,
ohne dass sogenannte Hardcore Geeks sich in Gefahr sehen, von Irren
wie mir übervorteilt und abgedrängt zu werden. Denn häufig ist es so,
dass technisch versierte Leute eine Tendenz haben, Mängel und Fehler
bei anderen zu sehen, in der Gruppe darauf aufmerksam zu machen oder
eventuell sogar Leute unterdrücken oder bestrafen wollen, die sich
nicht so verhalten, wie das jemand gerne hätte. Und dann gibts eben
Leute die auf sowas allergisch reagieren. Und zwischen diesen beiden
Extremen müsste man vermitteln.

Und ich glaube das geht dann am besten, wenn wir das
Zwischenmenschliche genauso stark mit Karma belohnen wie das
Technische. Dann fühlen sich auch Leute wohl die nicht programmieren
können und die können dann ihre soziale Kompetenz einbringen, um der
gesamten Community mehr Stabilität zu geben.

Ein Ubuntu Nutzer ist vielleicht traurig, frustriert, verärgert,
melancholisch oder deprimiert. Und wer sich so einer Person annimmt
bekommt sein Karma genauso wie jemand der einen Bugfix beisteuert. Wie
man das technisch umsetzen könnte weiss ich selbst noch nicht. Aber
ich trage ein erstes Konzept mal die nächsten Tage auf
http://sfsoc.de/sfsoc/ zusammen. Und auf #sfsoc auf Freenode kann man
gerne mit mir in Echtzeit diskutieren.

Gibt es denn grundsätzlich Leute die mein Anliegen nachvollziehen
können oder eventuell sogar unterstützen würden?


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mit freundlichen Grüssen,
Patrick Frank